Theodoxus danubialis
Theodoxus transversalis
   
  Weichtier des Jahres 2004  
 
Die Gemeine Kahnschnecke
Theodoxus fluviatilis (LINNAEUS 1758)

 
  Die Gemeine Kahnschnecke – Theodoxus fluviatilis (LINNAEUS 1758) – ist eine urtümlich anmutende Kiemenschnecke, die im Mittel- und Unterlauf von Süßwasserflüssen und in Seen vorkommt, sich aber auch an Brackwasser anpassen kann. Sie bevorzugt große Fließgewässer mit steinigem Grund und bewegtem Wasser oder steinige Uferzonen von Seen.
Das dickwandige, halbeiförmige Gehäuse ist 4,5 bis 6,5 mm hoch und 6 bis 9 mm breit und hat nur wenige rasch zunehmende Umgänge, deren Innenwände im Verlauf des Wachstums aufgelöst werden.
 
 

Die Spindelseite der Mündung ist als ebene Platte ausgebildet. Das Gehäuse wird mit einem kalkigen Deckel (Operculum) verschlossen. Dieser hat einen als Rippe bezeichneten kräftigen Fortsatz an dem die Muskulatur ansetzt. Bei den beiden anderen einheimischen Kahnschneckenarten ist zusätzlich ein kürzerer Zapfen ausgebildet, der bei der Gemeinen Kahnschnecke fehlt. Die Zeichnung und Färbung des dicht und regelmäßig gestreiften Gehäuses ist sehr variabel, meist mit violettbrauner oder rötlicher Netzzeichnung auf weißem oder gelblichem Grund, zuweilen ist das Gehäuse auch schwarz gefärbt.
 

 
   
 

Der Körper der getrenntgeschlechtigen Tiere ist kurz gedrungen und ragt beim Kriechen kaum hervor. Der Kopf hat einen breiten eingeschnittenen Schnauzenteil. Die feinen Fühler sind lang und spitz und tragen seitlich an deren Basis die Augen.

Beim männlichen Tier befindet sich der Penis neben der Innenseite des rechten Fühlers. Das Weibchen hat unter dem Mantelrand zwei Geschlechtsöffnungen, getrennt für die Befruchtung und die Eiablage. Die Gemeine Kahnschnecke, welche 2-3 Jahre alt werden kann, legt von Mitte April bis Anfang Oktober nachts 0,8-1,2 mm große Eikapseln mit ca. 70 Eiern an Steinen, Hartsubstrat oder auf den Gehäusen der Artgenossen ab. In der Regel entwickelt sich innerhalb von 4 bis 8 Wochen (je nach Umgebungstemperatur) nur ein Ei in der Eikapsel zum Jungtier, die übrigen Eier dienen als „Nähreier“. Dies bedingt eine geringe Vermehrungsrate und ist auch einer der Gründe, dass diese Schnecke keine großen Chancen hat, sich schnell über besiedelte Flusssysteme hinaus auszubreiten. Beim Schlüpfen des Jungtieres wird der obere Teil der Eikapsel an einer vorgebildeten Nahtlinie abgesprengt. Das Jungtier ist beim Schlüpfen 0,5 bis 1 mm groß.

Als Nahrung dienen der Gemeinen Kahnschnecke in erster Linie Diatomeen (Kieselalgen), deren Panzer mit Reibbewegungen gegen das harte Substrat zerstört werden muß, damit die Algen dann verdaut werden können; ein Grund, warum die Schnecke nur in Gewässern mit steinigem Untergrund vorkommt.

Theodoxus fluviatilis ist in Deutschland in der norddeutschen Tiefebene, besonders noch im östlichen Hügelland von Schleswig-Holstein, in Mecklenburg-Vorpommern und in Nord-Brandenburg weit verbreitet; im übrigen Deutschland sind die Populationen stark schwindend. Vereinzelt findet man ihn noch in norddeutschen Flüssen (Weser und Ems), in der Lippe im Ober- und Mittellauf, im Rhein, in der Mosel, im Main, im Neckar und in der Fränkischen Saale. Die Gemeine Kahnschnecke fehlt in den Alpen und deren nördlichen Vorländern einschließlich des Donaugebiets.

Auf der „Roten Liste“ ist die Gemeine Kahnschnecke als stark gefährdet eingestuft, da durch Gewässerregulierungen und Gewässerverschmutzungen dieser Art teilweise die Ernährungsgrundlage entzogen wird.


 
  Die Brackwasser-Kahnschnecke
Als Unterart der Gemeinen Kahnschnecke wird die Brackwasser-Kahnschnecke – Theodoxus fluviatilis littoralis (LINNAEUS 1758) – angesehen. Sie erreicht nur 70 % der Größe der Nominatform und ist dünnschaliger. Das Leben im salzigen Brackwasser erfordert für die Osmoregulation zusätzliche Energie, was auf Kosten des Wachstums geht und der Fortpflanzungsrate geht. Auch ist die Ökologie eine andere, da die Brackwasser-Kahnschnecke nicht an Steinen, sondern an Blasentang und Seegras lebt und dort auch ihre Eikapseln ablegt. In Deutschland finden wir diese Unterart nur an der Ostseeküste von Mecklenburg bis Pommern.

Die übrigen Kahnschneckenarten Deutschlands
Die Gemeine Kahnschnecke wird im Donaueinzugsgebiet in Deutschland durch zwei andere, gut unterscheidbare Arten vertreten, die hier ebenfalls vorgestellt werden sollen, da diese beiden Arten in Deutschland vom Aussterben bedroht sind:


 
 

Die Gebänderte Kahnschnecke

Die Gebänderte Kahnschnecke – Theodoxus transversalis (C. PFEIFFER 1828) – hat ähnliche ökologische Ansprüche wie die Gemeine Kahnschnecke.
Das Gehäuse (6 mm hoch und 8 mm breit) ist bleigrau bis gelb, ohne Netz- und Zickzackzeichnungen, mit feinen Spirallinien, die sich meist zu drei Binden anordnen. Der Deckel ist orangefarben, mit kräftigem, spiralig gedrehtem Zapfen.

 
 

Das Gehäuse von frisch geschlüpften Schnecken ist farblos und durchsichtig. Die Gebänderte Kahnschnecke, die früher in der Donau bis Donauwörth verbreitet war, lebt in kleinen Restpopulationen nur noch unterhalb der Isarmündung, im Unterwasser des Kachlet-Staus und in der oberen Alz in Bayern; in Österreich ist sie bereits ausgestorben.

 

 
  Die Donau-Kahnschnecke

Die Donau-Kahnschnecke – Theodoxus danubialis (C. PFEIFFER 1828) – erkennt man am größeren Gehäuse (9-14 mm Durchmesser) und an der dunklen Zickzackzeichnung auf hellem Grund. Der Deckel ist blassgelb und besitzt einen plättchenartigen, in einer Grube liegenden Zapfen. Sie lebt ebenfalls nur auf steinigem Untergrund. Kleine Rest-populationen dieser Art leben in der bayerischen Donau nur noch bei Bad Abbach und bei Kelheim.

 
 

In Östereich gilt sie im Donau-Hauptstrom bereits als verschollen und findet sich nur noch in einigen Nebengewässern. Im Pleistozän war diese Art über die Niederlande bis Südengland verbreitet.